Herrlich! Wenn man etwas nicht möchte, kommen „Arbeitsvermeidungsstrategien“ zum Einsatz.
Wer von uns hat es nicht schon mal erlebt – da steht man vor einem Verwaltungsmenschen oder einem Politiker oder einem normalen Menschen… und dieser erklärt dann, warum bestimmte Dinge nicht
machbar sind.
Mein Mann, ein Verwaltungswissenschaftler namens Franz, hat diese Strategien in seinem Buch „Einführung in die Verwaltungswissenschaft“ mal zusammengetragen. Manchmal lesen wir uns die Zeilen
zusammen bei einem Gläschen Wein durch und erfreuen uns an der Übereinstimmung der Worte mit der Wirklichkeit – eine Wirklichkeit, die man immer wieder erlebt.
Ich zitiere der Einfachheit halber aus seinem Buch.
Unter Strategien der Arbeitsvermeidung soll hier die bewusste, planmäßige Vermeidung der aufgrund eines Beamtenverhältnisses bzw. eines Arbeitsvertrages zu leistende Arbeit, insbesondere des
vollen gewissenhaften Einsatzes für das Amt während der gesamten Dienstzeit, verstanden werden.
Die wohl häufigste Form der Arbeitsvermeidung ist das gezielte „Krankfeiern“ (als eine Form des Absentismus). Weitere Arbeitsvermeidungsstrategien sind etwa die Nichterreichbarkeit bzw.
schlechte Erreichbarkeit („sich rarmachen“), oberflächliche oder verlangsamte Bearbeitung („Geht nicht schneller!“, „Muss das hier erst erledigen“), lange Arbeitspausen einschließlich verzögerter
Kommunikation („Wann reagiert der endlich!“), Geschwätzigkeit (Wiederholungen, Vermischung dienstlicher und privater Themen etc.), Schutzbehauptungen, warum man die Sache nicht bearbeiten könne
(angebliche Nichtzuständigkeit, Arbeitsüberlastung, fehlende Finanz- und Sachmittel, unzureichende Zuarbeit/Kooperation anderer Stellen, rechtliche Hindernisse, ungeklärte Rechtsfragen, eigene
Interessengegensätze, Krankheit, private Probleme), Schutzbehauptungen, warum man die Sache nicht bearbeiten sollte („Nebelwerfen“, „Bedenkenträger“), etwa weil die Beschäftigung damit obsolet
sei („klärt sich von allein!“), ungeklärte Rechtfragen bestünden, Angst machen mit dem Hinweis auf mögliche Widerstände („Das könnte Ärger von oben geben!“) oder auf erhebliche bzw.
unkalkulierbare Kosten („zu teuer“, „wenn das der Rechnungshof…“), Hinweis auf unkalkulierbaren Folgeaufwand, unangenehme Persönlichkeit sein (unhöflich, humorlos, depressiv, aggressiv,
kompliziert etc.), unausgesprochen Schonung einfordern wegen angeblichem Tod oder schwerer Erkrankung naher Angehöriger („Mein Vater hat Krebs.“), Gegenmaßnahmen, wie die Überlastung des anderen
mit Material, lästiger Nähe, Kritik und ständiges Nachfragen, Nachforderungen von Informationen, Unterlagen etc., Mobbing (anderer traut sich nicht mehr), „Minen“ legen
(Falschinformationen streuen/weitergeben), Terminkollisionen/Blamage provozieren etc.), Bürokratisierung von Vorgängen (überlange Aktenvermerke etc.), Indiskretion, Illoyalität (andere auf Fehler
des Leiters hinweisen), sich offenkundig als faul/unfähig erweisen.
Die schlichte Unfähigkeit bzw. Faulheit ist grundsätzlich zwar Arbeitsvermeidung, jedoch nicht als „Strategie“ zu bezeichnen, wenn sie nicht planmäßig mit einem gewissen geistigen Aufwand zur
Planung der Arbeitsvermeidung verbunden ist. Schon das Vortäuschen von Geschäftigkeit kann insoweit als geistiger Aufwand gewertet werden.
Grund der Arbeitsvermeidung ist sicherlich meist Faulheit bzw. Bequemlichkeit. Daneben können aber auch karriereorientierte strategische Überlegungen ausschlaggebend sein: „Wer arbeitet,
dekuvriert sich; man erkennt seine Grenzen.“ Wer arbeitet, gehorcht statt zu befehlen und kann sich nicht um sein Ansehen und Netzwerke kümmern („Arbeite nicht, sondern baue dein Image
auf!“)
Die Schlüsse aus diesen Zeilen überlässt man besten dem Leser, pardon den Leser*innen.