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Pierre Charbonnier: Überfluss und Freiheit…


...eine ökologische Geschichte der politischen Ideen. 500 Seiten gequirltes abstraktes Denken.

Ich habe mir Mühe gegeben. Aber ich habe versagt. Fürs Erste zumindest. Pierre Charbonnier hat mir den letzten Nerv geraubt. Dabei bin ich dem Abstrakten, Philosophischen und Politischen durchaus zugeneigt. Vielleicht muss man das Buch morgens mit der vollen Wucht der geistigen Kraft lesen, nicht am Abend im Bett. Es mag sein, dass er philosophisch brillant, dass er ein gekonnter Neudenker ist (siehe unten der Fischer Verlag zum Buch), aber 500 Seiten mit oft sperrigen Schachtelsätzen zu einer abstrakten (aber äußerst wichtigen und übergreifenden!) Thematik niederzuschreiben, scheint mir an denjenigen vorbeizugehen, die diese Erkenntnisse dringend inhalieren sollten.

Es sei denn er hat das wuchtige Buch insgeheim für seinesgleichen geschrieben. Philosophen im akademischem Rahmen. Ich würde aber vermuten, dass diejenigen, die alles bereits beim ersten Lesen bestens verstanden haben, seine Erkenntnisse sowieso ihr Eigen nannten. Genau diese Leute hatten dann auch Zeit das Lesen des Buches schon morgens zu beginnen oder das Lesen gehörte gar zu ihrem Job.

Der Elfenbeinturm der Wissenschaft. Das endlose Drehen um die eigene Achse.  Was nützt dieses Wissen, dieses sich durch Theorien quälen, Tante Elfriede und Onkel Wolfgang? Was nützt es Politikern, die tagesaktuelle Politik betreiben? Ich fürchte nicht viel. Sie werden entgeistert und genervt nach 40 Seiten aufgeben. So wie ich. Hat er an seinem eigentlichen Zielpublikum vorbeigeschrieben?

Charbonnier und Harari sollten sich mal zusammentun und diskutieren, wie man schwere Materie einfach und zugänglich an den Mann und die Frau bringen kann. Ich glaube Charbonnier kann da viel mitnehmen.

Ich werde nach Weihnachten mit dem Buch weitermachen. Es ist auch zu wichtig, um es einfach beiseitezuschieben! Vorerst aber griff ich mir „Anfänge“ von David Graeber und David Wengrow. Untertitel „Eine neue Geschichte der Menschheit“. Ein spannender analytischer Rückblick und eine Neusortierung dessen, was wir bisher als Menschheitsgeschichte annahmen. Weiteraus populärer und verständlicher geschrieben.

Der Verlag zum Charbonnier-Buch: Ein augenöffnender philosophischer Beitrag zur Debatte um Umwelt und Kapitalismus: Der französische Philosoph Pierre Charbonnier gilt als »der neue philosophische Kopf einer politischen Ökologie« (so die französische Zeitschrift Libération). In »Überfluss und Freiheit« entwirft er die erste philosophische Ideengeschichte zum Verhältnis zwischen Mensch und Natur. Die ökologische Krise der Gegenwart sieht er als Chance, sozial und politisch umzudenken und als Gesellschaft neue Wege zu gehen. Dabei setzt Charbonnier auf eine radikal andere Politik, die nicht notwendig mit Verzicht verbunden ist.

Deutschlandfunk Kultur zum Charbonnier-Buch: https://www.deutschlandfunkkultur.de/pierre-charbonnier-ueberfluss-und-freiheit-eine-oekologische-geschichte-der-politischen-ideen-104.html


Pierre Charbonnier: Überfluss und Freiheit, S. Fischer, 2022.