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Förder(wahn)sinn.


Gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt & Land... der "Transferstaat" müht sich ab.

Eine Erwiderung auf das Herumsenden von Förderprogrammen, die ihr Ziel nicht erreichen. 

Ich wohne im ländlichen Raum - 19 EW/qkm. Nordwestliche Altmark. Hier gerne eine kurze Einschätzung der Lage vor Ort. Natürlich ein subjektiver Blick...

Es gibt unendlich viele Förderprogramme für den ländlichen Raum und das seit Jahren. Trotzdem wird von hier kaum etwas abgerufen. Es fehlen inzwischen die Strukturen und Menschen, die die Programme abrufen könnten. Sprich.... es sind keine Leute mehr da, die Nerven, Zeit und Muße haben, komplexe Förderbedingungen zu studieren und Gelder abzurufen, deren nachfolgendes Monitoring auch im Auge behalten werden muss. Unser Bürgermeister verwaltet 17 Dörfer, ehrenamtlich! Er hat keinen MitarbeiterIn. Da hilft oft auch die übergeordnete Verbandsgemeinde nicht, deren personelle Kapazitäten ebenso beschränkt sind. Der "Transferstaat" kann also nach dem Gießkannenprinzip so viele Gelder auswerfen wie er will. An den Stellen, wo das Geld dringend gebraucht wird, kommt es nicht an. Zumindest nicht im ländlichen Raum. Modellprojekte sind kein "Gamechanger" für den ländlichen Raum. Das "Game" müsste geändert werden, sprich die Ursachen, nicht die Auswirkungen.     

Die Leute, die noch da sind, durchaus altersgemischt, haben mit ihrem Überlebenskampf (vermehrte Kostensteigerungen, überbordende Bürokratie, stocksteife VerwaltungsmitarbeiterInner, die sich strikt an gesetzliche Vorgaben halten und ihr Ermessen vergessen haben) und sogar schlechten Arbeitsverhältnissen zu kämpfen. Der Frust ist riesig und sollte nicht unterschätzt werden. Dadurch schwindet das Vertrauen in die staatlichen Strukturen erdrutschartig. Problem zudem: viele wissen über die kommunalen Zuständigkeiten nicht richtig bescheid: wer ist für was verantwortlich? Dazu kommt, dass Anfragen an Behörden oft nicht mehr von diesen beantwortet werden. Das alles trägt dazu bei, dass sich die Leute über Alternativen Gedanken machen und die liegen für die meisten Menschen, wir wissen es alle, weder links noch grün des Weges.
 
Was wir brauchen sind Strukturen, die langfristige Investitionen in den ländlichen Raum ermöglichen. Ich würde sagen in allen Bereichen, außer Straßenbau (die Straßen sind tiptop). Keine Modellprojekte, keine Projekte, die sofort nach der Förderung wieder in sich zusammenfallen, weil sie zu 100 % von Fördergeld abhängig waren.

Oder man ist ehrlich und kommuniziert, dass die in den letzten 30 Jahren verkündeten "gleichwertigen Lebensverhältnisse in Stadt und Land" zwar ein schönes Ziel, aber ein nicht einzuhaltenes Versprechen sind, wenn die kommunalen Strukturen und Finanzen so bleiben, wie sie derzeit auf dem Lande sind. Man hört es immer wieder und ich selbst habe es auch erlebt: die DDR hatte die gleichwertigen Lebensverhältnisse von Stadt und Land hinbekommen, allerdings zum hohen Preis der staatlichen Verschuldung. Dann kam die politische Wende... was dann passiert ist, wissen wir.  

Was hier passieren wird, ist abzusehen: Immer weniger Menschen, weiterhin intensivste Non-Bio-Landwirtschaft, immer mehr Windräder (obgleich wir schon jetzt eine Überlast von 172 % in der Altmark haben), immer mehr PV-Anlagen auf dem Acker. Das alles hilft den Bewohnern vor Ort langfristig nicht, weil die Gelder an große Unternehmen auswärts abfliessen und es fast keine regionalen Wertschöpfungsketten gibt. Vor-Ort-Genossenschaften werden eine Ausnahme bleiben.

Burenziegen auf dem Lande. Sind glücklich. Wahrscheinlich, weil sie nicht von Fördergeldern abhängig sind. 
c Amanda Hasenfusz