Endlose Weite. Sprachlose Stille. Durchatmen. Zu sich kommen. Wer als weltlicher Pilger eine Wallfahrt ans Grüne Band der Altmark unternimmt, erlebt wahrscheinlich kein religiöses Wunder,
dafür aber spirituell-humanistische Einsichten in die Sinn- und Wertfragen unserer Zeit, wenn nicht gar des Daseins an sich. Amanda Hasenfusz erzählt von der faszinierenden irdischen Erfahrung im
„Green Belt County“ der Altmark unterwegs zu sein.
Mit seinen 146 verschiedenen Lebensraumtypen, 17 Naturräumen und ca. 1.200 Tier- und Pflanzenarten, die auf der Roten Liste der gefährdeten Arten stehen, ist das Grüne Band Deutschland auf einer
Länge von 1.400 Kilometern ein Hotspot der Biodiversität, eine „Naturwunderkammer“ und ein Wanderkorridor für Tiere und Pflanzen. Was einst als Eiserner Vorhang trennte, kann nun Menschen
verbinden und ein so friedvolles Dasein zelebrieren, dass einem das Herz schwillt. Dass das Grüne Band in ein paar Jahren sowohl UNESCO Weltnaturerbe als auch UNESCO Weltkulturerbe werden könnte,
wäre die Krönung des Engagements vieler Menschen und Organisationen, die seit 30 Jahren für die Weiterentwicklung des größten deutschen Biotopverbundes kämpfen.
Das Erlebnis „Abenteuer Grünes Band“ ist eines der Motti der ehemaligen innerdeutschen Grenze – und das ist es offensichtlich auch. Allemal in der Altmark, wo das Grüne Band auf einer Länge von
150 Kilometern vor allem in der westlichen Altmark durch die Landschaft mäandert und kaum Orientierungsschilder, dafür aber herrlichste Landschaftsschmuckstücke zu finden sind: vom UNESCO
Biosphärenreservat Drömling bis zum UNESCO Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe, mit seinen 90 Grad-Winkeln bei Schmölau und an der Wirler Spitze, seinen geschleiften Dörfern Groß Grabenstedt,
Jahrsau und Stresow sowie den sog. Vodka-Bögen… an Abwechslung fehlt es kaum. Erinnerungskultur und Naturerleben gehen hier Hand in Hand. Wer sich auf den Weg ins Grüne Band macht, sollte sein
Selbst gut im Auge behalten, denn die Reise am Green Belt führt einen auf eine unerwartet spirituelle Erlebnisroute.
Ein Fuß vor den anderen. Schritt für Schritt. Die Zeit verschwimmt, dehnt sich, wird so unendlich, wie die grandiose Landschaft, die einen umgibt. Im „Green Belt County“, am Grünen Band der
Altmark, haben Zeit und Raum eine andere Bedeutung. Wohin der Blick auch schweift: von Besiedlung keine Spur, dschungelartige Wildnis wechselt alle paar Kilometer mit naturnahem Offenland ab.
Blätter rauschen. Tiere wandeln durch die Landschaft. Wolken ziehen. Kein Zivilisationslaut.
Spiritualität hat bekanntlich nicht nur Schnittmengen mit großen Weltreligionen. Es ist auch der unverstellte Blick auf die Natur, die Suche nach dem Sinn des eigenen Daseins und der Welt an
sich. Spiro = ich atme. Und wo können wir besser atmen als in der Natur? Pilgern ist eine Form sich mit dem Draußen zu beschäftigen, wandernd das Ich zu suchen und „die emotionale Übereinstimmung
mit dem Weltganzen“ (Goethe, Faust) zu finden. Und so bietet sich das Grüne Band als säkulare, irdische Pilgerroute geradezu an. Ganz erstaunlich! Wo sonst in Deutschland hat man so viel
Wildheit, Offenheit und Grenzgeschichte vor den Wanderstiefeln? Wo sonst kann man so gut nachvollziehen, was „Naturreligion“ für uns bedeutet haben mag? Wo sonst kann man so lange ungestört
wandern, ohne Fremd- und Störeinwirkung? Nur du und die Natur.
Ob man will oder nicht, am Grünen Band stellen sich einem die kleinen und großen Sinn- und Wertfragen unserer Zeit. Die Langsamkeit des Gangs, der Genuss der Ruhe und Weite fängt nach wenigen
Kilometern an zu wirken. Der Blick auf die Natur wird zum Blick auf sich selbst. Wenn man Glück hat, tief atmet… spiegelt sich dieser Blick zurück auf einen selbst und wird zu Güte, Gelassenheit,
Demut, Freundlichkeit und einem tiefen Mitgefühl für alles Lebendige. All das, was wir vom Dasein auf dieser Welt verlangen können und selbst geben sollten.
Buchtipp zum Pilgern am Grünen Band Altmark
Grünes Band entlang der Altmark. Erlebnisrouten zu Natur und Geschichte. Zu Fuß. Per Rad
Das Grüne Band entlang der Altmark entdecken! Inkl. in Teilen Börde, Heideregion, Wendland, Elbe und Prignitz. Die besten Touren zu Fuß und per Rad. Mit Adressen von Wassertourenanbietern. Natur
pur, deutsch-deutsche Geschichte, die besten Ausflugs- und Gastrotipps. Tourenkarten und zahlreiche Fotografien. 330 Seiten. ISBN: 9783958942363, Autorinnen: Amanda Hasenfusz (Routen zu Fuß oder
per Rad), Beatrix Flatt (Geschichten zu Menschen), Verlag:
Omnino Verlag Berlin