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Rewilding in Schottland.


Wir sind in Schottland unterwegs. Eine aufwändige Recherche-Reise für unser Buch „Rewilding in Schottland“. Es soll im Frühsommer 2025 erscheinen. 

Wir besuchen den Border Forest Trust, das Bamff Estate, Trees for life und Mar Lodge Estate…ausgesuchte Beispiele um zu erkunden, wie das Thema Rewilding in Schottland vorangetrieben wird, welche Probleme und Chancen zu erkennen sind. Wir sprechen mit Rewildern, mit Freiwilligenhelfern, mit Buchautoren, Rangern und Gegnern des Rewilding.      

Großbritannien hat allen Grund sich Gedanken zum Thema Rewilding, Renaturierung bzw. Regeneration zu machen: Die Hälfte der Artenvielfalt der Insel ist laut „Rewildingbritian“ bereits verloren. Es ist das Land in Europa, das bisher die größte Naturzerstörung an den Tag gelegt hat. Trotz pittoreskem Countryside-Image, Hügel in diversen Grüntönen, niedlich wirkenden Schaf- und Rinderherden, spektakulärer Bergketten und hübscher Dörfer, sollte man nicht übersehen, dass wir in UK und vor allem in Schottland fast keine natürlichen Landschaften vor uns haben. Die ursprüngliche Baum- und Waldlandschaft fehlt. Heute sehen wir weitgehend devastierte, öde Landstriche, die über viele Generationen überformt wurden. Große Teile des Vereinigten Königreiches sind „sheep-wrecked“ – durch eine zu intensive Schafhaltung überweidet, überdüngt und jenseits jeder Artenvielfalt. In den nördlichen Berggebieten herrscht eine Monotonie anderer Art vor: Wälder aus Fichtenbeständen aller Altersklassen, die so dicht gepflanzt wurden, dass sich kein Leben in ihnen regen kann. Commercial Forests – Wälder mit Baumstämmen, die wie Getreide auf Feldern in Reih und Glied die Hänge hochwachsen.

Die Wiederherstellung von Ökosystemen ist Regeneration, ist Transformation, ist Naturerholung… oder, wie man auch sagen kann: Rewilding. Es ist ein fast schon bahnbrechender Ansatz, der die Themen Biodiversität, Landmanagement, Ernährungssicherheit, Lebensunterhalt auf dem Lande und Klimawandel miteinander verbindet. Es geht darum der nächsten Generation eine gesündere Landschaft zu hinterlassen als die, die wir von vorherigen Generationen geerbt haben.

Aber wie wird Rewilding genau definiert? Als Fan von Erklärungen, die man sich ohne Probleme merken und an andere Menschen bei Diskussionen weitergeben kann, bevorzugen wir diese Definition:

● Rewilding ist das Wiederherstellen von sich selbst regulierenden Ökosystemen. Es ist ein Zurückfahren menschlicher Aktivitäten in der Natur sowie ein Neuentstehen von natürlichen Landschaften, wie sie vor der industriellen Revolution noch in weiten Teilen unserer Umgebung anzutreffen waren. Die Schaffung von Artenvielfalt, Klimaresilienz und auskömmlichen ökonomischen Landleben sind die größten Ziele des Rewilding.

Theoretiker unterscheiden bis zu neun verschiedene Rewilding-Varianten. Grundlegend scheint uns die Unterteilung in vier verschiedene Rewilding-Hauptvarianten der französischen Ökologin Nathalie Pettorelli (geb. 1976):   

● Ökologisches Rewilding: Im Projektgebiet ist der Mensch aktiv, aber nur sehr begrenzt. Die Natur soll die Gestaltung ihrer Selbst übernehmen. Der Mensch soll möglichst nicht eingreifen, kann dies jedoch in begrenztem Maße tun. Bsp.: Ein Bergtal bewaldet sich nach und nach, weil der Mensch zu einem bestimmten Zeitpunkt gezielt bestimmte Baumarten in das Tal gepflanzt hat.

● Passives Rewilding: Hier kommt die Natur ganz allein in Gange, um sich zu helfen. Der Mensch leistet keine Vorarbeit. Bsp.: Ein Berghang bewaldet sich durch natürlich Sukzession, ohne dass der Mensch einen Baum gepflanzt hat.   

● Trophisches Rewilding: Der Mensch greift gezielt in eine Landschaft ein. Ziel ist die Wiederherstellung eines natürlichen Nahrungskettensystems, indem stark regulierende Tierarten (Schlüsselarten und/oder Spitzenprädatoren) langfristig in die Landschaft integriert werden. Bsp.: Der Wolf und der Biber kehren zurück.

● Pleistozänes Rewilding: Maßstab ist die Megafauna des Pleistozän (2,5 Millionen Jahre bis ca. 12.000 Jahre vor unserer Zeit). Beim diesem Rewildingansatz werden, weil man die Megafauna des Pleistozäns nicht wiederherstellen kann, Megaherbivoren der Jetztzeit (z. B. Auerochsen, Wasserbüffel, Pferde) eingesetzt. Durch den Einsatz großer Huftiere sollen die natürlichen (ökologischen) Prozesse wieder in Gange gesetzt werden.    

Hinkommen unserer Meinung nach noch das:

● Farm-Rewilding: Farmer bzw. Bauern bewirtschaften nicht mehr ihr gesamtes Eigentum bzw. ihr gesamtes Pachtgebiet intensiv, sondern lassen Teile davon mit Laubwald aufforsten. Für diese Maßnahmen bekommen sie Ausgleichszahlungen (Subventionen) durch den Staat. Rewilding-Organisationen können die „Aufbäumung“ übernehmen.   

● Mikro-Rewilding: Rewilding im Kleinen. Wird vielerorts von Menschen in ihren (Vor)Gärten oder auf privaten Grundstücken betrieben. Naturschutzvereine und Umweltschutzorganisationen betreiben zudem oft Mikro-Rewilding in ihren Projektgebieten.